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Kriegsbeeinflusste Landschaften und Böden im Teutoburger Wald und Eggegebirge











25.04.2014 

Im 2. Weltkrieg erfolgten im Bereich des Teutoburger Waldes und des Eggegebirges keine größeren Kampfhandlungen von Bodentruppen. Die Eisenbahnviadukte in Bielefeld-Schildesche und Altenbeken waren jedoch ab dem Spätherbst 1944 prioritäre Ziele für die allierten Bomberverbände. Durch die Unterbrechung der Ost-West-verlaufenden Eisenbahnverbindungen aus dem Ruhrgebiet nach Mitteldeutschland sollte die Kohleversorgung der deutschen Rüstungsindustrie sowie die Lieferung von Nachschub an die Westfront verhindert werden. Das „Trefferbild“ dieser Bombenangriffe spiegelt durch seine „Streuung“ von z. T. mehreren Kilometern um die Punktziele die damals sehr begrenzten technischen Möglichkeiten der Navigation ohne Bodensicht wider. Diese „Streuung“ führte zu starken Zerstörungen und zu Toten in der Zivilbevölkerung der bahnnahen Ortschaften, aber auch zu Bombenabwürfen über Feldern, Wiesen, Weiden und Wäldern in der Umgebung. 

Bombentrichter im Siedlungsraum und auf landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden nach dem Krieg i. d. R. umgehend verfüllt. Weitere Bombentrichter verschwanden mit dem Wachsen des Siedlungsraums nach dem 2. Weltkrieg. Erhalten haben sich Bombentrichter meist nur außerhalb des heutigen Siedlungsraums in extensiv genutzten Landschaftsbestandteilen wie Weiden und Wäldern.  .

So finden sich in der Landschaft in einem Umkreis von mehreren Kilometern rund um den Eisenbahnviadukt in Altenbeken noch heute eine Vielzahl von sehr gut erhaltenen Bombentrichtern, die lokal das Landschaftsbild prägen. Nicht nur geomorphologisch spannend ist dabei das Nebeneinander der anthropogen entstandenen Hohlformen Bombentrichter und Pingen des Eisenerzbergbaus einerseits und der natürlich entstandenen Erdfälle und Dolinen andererseits. 

Erste bodenkundliche Untersuchungen durch den BVB-Fachausschuss „Kriegsbeeinflusste Böden“ an den Altenbekener Bombentrichtern zeigen, dass die „Bodenneubildung“ im Bombentrichter und seinen Randbereichen – wie zu erwarten – sehr stark von den anstehenden bzw. durch die Explosion an die Oberfläche gebrachten natürlichen Substraten abhängt. Die Krater selbst stellen eine „Fallenstruktur“ für Sediment und organische Substanz dar, so dass sich in diesen Senkenstrukturen kleinräumig „Bombentrichter-Kolluvisole“ bilden.. In den Auswurfmassen am Kraterrand scheinen im Raum Altenbeken die leicht verwitterbaren (Ton-) Mergelsteine der Oberkreide als Ausgangssubstrat optimale Bedingungen für eine Oberboden-Neubildung zu bieten.

In Gebieten mit Stau- und Grundwasser-beeinflussten Böden entstehen in Bombentrichtern Kleingewässer, die für den (Natur- und) Artenschutz von erheblicher Bedeutung sein können. Auch wenn es paradox klingt, wurde zum Beispiel mit dem Naturschutzgebiet "Großer Bruch am Wellbach" in Bielefeld ein kleiner Teil des sehr stark bombardierten Gebietes im Umfeld des Eisenbahnviadukts in Schildesche unter anderem deswegen unter Schutz gestellt, weil in den durch die Bombentrichtern entstandenen Kleingewässern u. a. Wasserpflanzen der Roten Liste einen Lebensraum gefunden haben.

Die in vielen Regionen Deutschlands bis heute allgegenwärtigen Spuren des 2. Weltkriegs verdeutlichen trotz zumeist oberflächlich erfolgter „Wundheilung“ immer noch, welche katastrophalen Auswirkungen die modernen technischen Kriege auf Landschaften hatten und haben. Sie regen dazu an, sich mit diesem „katastrophalen Verhalten“ des Menschen nicht nur anderen Menschen, sondern auch der  Umwelt gegenüber, zu befassen. Diese Auseinandersetzung kann dabei in der Kultur- und Naturlandschaft zum Beispiel im Rahmen von (Wander-) Exkursionen erfolgen: Hierbei kann Landschaft als Produkt des Zusammenwirkens natürlicher Geo- und Biofaktoren mit dem zunehmend wichtiger werdenden Bio- und Geofaktor Mensch konkret an Beispielen erfasst und verdeutlicht werden.

Der BVB-Fachausschuss „Kriegsbeeinflusste Böden“ plant daher in der näheren Zukunft in verschiedenen Regionen Deutschlands Exkursionen, die auch dazu beitragen sollen, den Boden als wichtige Lebensgrundlage (wieder) mehr in das Bewusstsein der breiten Bevölkerung zu heben.

Nähere Auskünfte erteilt hierzu gerne Dr. Michael Kerth.



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